Samstag, Februar 24, 2007

Arbeitslosigkeit und Ehrenamt

Man könnte annehmen, dass Menschen, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind, allein aufgrund ihrer Zeitressourcen und dem Bedürfnis nach einen Beschäftigung verstärkt einem Ehrenamt nachgehen. Interessanter Weise ist eher das Gegenteil der Fall. In Untersuchungen hat man festgestellt, dass wesentlich mehr Berufstätige ehrenamtlich tätig sind als Arbeitslose. Schauen wir uns konkrete Zahlen an, dann wird der Unterschied deutlich. Laut einer Studie, die von der Bundesregierung im Februar 2007 veröffentlicht wurde, sind 40 Prozent der Berufstätigen ehrenamtlich tätig, aber nur 27 Prozent der Arbeitslosen. Diese Zahlen finden wir auch auf den Internetseiten des ZDF. In einem Fernsehbeitrag hat sich der Sender mit dem Thema „Kompetenz durch Ehrenamt - Nur wenige Arbeitslose engagieren sich ehrenamtlich“ beschäftigt. Einen entsprechenden Beitrag zur Sendung finden wir unter dem Link http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/4/0,3672,4392004,00.html, im Archiv vom 18.02.2007.

Hier wird sehr plausibel dargestellt, wie es zu dieser Erscheinung kommt. Es ist durchaus nachvollziehbar, dass jemand, der seit längerer Zeit arbeitslos ist, eher einen inneren Rückzug antritt, als dass er selbstbewusst und engagiert auf andere zugehen kann. Mal ganz abgesehen davon, dass das Ehrenamt keinen finanziellen Rückhalt bieten kann. Hinderlich kommt hinzu, dass bei lang anhaltender Arbeitslosigkeit tatsächlich fachliche und soziale Kompetenzen verloren gehen können, so formuliert es auch der Soziologe Jürgen Kocka vom Wissenschaftszentrum Berlin.

Was kann man nun daraus schließen…

zum Beispiel, dass ein frühzeitiges freiwilliges Engagement zu Beginn der Arbeitslosigkeit dieser Entwicklung entgegenwirken kann, denn…

Die positive Wirkung des Ehrenamts

…wer sich ehrenamtlich engagiert, tut nicht nur etwas für andere oder die Gesellschaft. Er bekommt ebenso soziale Kontakte, kann eigenes Erfahrungswissen in sein Tätigkeitsfeld mit einbringen, die eigenen Kompetenzen erhalten und neue hinzugewinnen. Wichtig bei allem Engagement ist aber vor allem die Lust und nicht etwa der Frust als Motivation für das Ehrenamt.

Verstehen wir es als Appell an die Behörden, so auch die Experten im ZDF.

Unsere Arbeitsämter könnten Arbeitslose frühzeitig auf die Möglichkeit ehrenamtlichen Engagements hinweisen. Es gibt zahlreiche Freiwilligenagenturen, auf die verwiesen werden kann.

Eine ehrenamtliche Tätigkeit sollte von den Ämtern nicht als Hindernis in Bezug auf die weitere Vermittlung gesehen werden, sondern als Möglichkeit, die Arbeitsfähigkeit des Betroffenen zu erhalten.

Vorreiter Berlin...?

An dieser Stelle sei Berlin ausnahmsweise als „Vorzeigebeispiel“ genannt. Die Zahlen für Berlin zeigen ein anderes Bild bei der Frage nach Arbeitslosigkeit und Ehrenamt.

Infratest hat entsprechende Daten erhoben, die folgendes aufzeigen: 1999 haben sich 18 % der Arbeitslosen ehrenamtlich engagiert, während insgesamt 24 % der Gesamtbevölkerung ehrenamtlich tätig waren.

Im Jahre 2004 stieg der Anteil der Arbeitslosen im Ehrenamt auf 26 % , der Anteil der Gesamtbevölkerung ist hingegen mit 29 % nur leicht angestiegen. Das heißt, hier ist die Schere zwischen den Arbeitslosen und Berufstätigen, die sich ehrenamtlich engagieren wesentlich geringer als in anderen Bundesländern.

Das ist ein sehr positives Ergebnis für Berlin auch unter dem Aspekt, dass in Großstädten normalerweise das Engagementpotential wesentlich geringer ist als in ländlichen Regionen.

Vielleicht verdanken wir diese positive Entwicklung den zahlreichen Initiativen, die in den letzten Jahren entstanden und gewachsen sind und die die Berliner Strukturen wesentlich verändert haben.

In Berlin gibt es allein mehr als zehn Freiwilligenagenturen, als zentraler Anlaufpunkt sei vor allem die Landesfreiwilligenagentur von Berlin, der Treffpunkt Hilfsbereitschaft http://www.freiwillig.info genannt, desweiteren die Stiftung „Gute Tat“ http://www.gute-tat.de mit Angeboten zum kurzzeitigen Engagement sowie das Bürgerportal des Berliner Senats unter http://www.berlin.de/buergeraktiv. Dies nur als kleiner Auszug aus der umfangreichen Berliner Ehrenamtslandschaft.

Können wir dem also entnehmen, Ehrenamt hat positive Wirkung auf Menschen in Arbeitslosigkeit und ist durchaus förderungswürdig und unterstützenswert.

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