Sonntag, November 12, 2006

Ehrenamt: Für Ehre und Karriere

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Es sind oft die kleinen Unterschiede, die einen Jobsuchenden von Mitbewerbern unterscheiden. Wer beispielsweise Engagement jenseits des beruflichen Werdegangs im Lebenslauf nachweisen kann, ist klar im Vorteil. [16.10.2006]




Einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages in Berlin zufolge erwarten Firmen zunehmend, dass Bewerber neben Analyse- und Entscheidungsfähigkeit auch über persönliche Kompetenzen verfügen. Eine ehrenamtliche Tätigkeit kann ein handfester Beleg für Fähigkeiten wie Eigeninitiative, Teamfähigkeit und Kommunikationsgeschick sein und gehört unbedingt in den Lebenslauf.


Gute Ergänzung zu Praktika

"Generell wird es bei uns gerne gesehen, wenn sich jemand außerhalb seines Jobs engagiert", bestätigt Klaus Peter Nebel, Sprecher von Beiersdorf. Es zeige, dass derjenige über den Tellerrand schaue und Verantwortung übernehme. "Gerade bei jungen Menschen lässt sich dabei sehr gut erkennen, über welche sozialen Kompetenzen sie verfügen", sagt Nebel. Das Ehrenamt sei deshalb eine gute Ergänzung von Praktika.

Natürlich stehe die fachliche Kompetenz an erster Stelle. "Doch es kann durchaus sein, dass wir uns für einen engagierten Bewerber entscheiden, obwohl ein anderer etwas bessere Noten hat", erläutert der Konzernsprecher.


Zusätzliche Fähigkeiten erlernt

Honoriert wurde auch das Engagement der promovierten Chemikerin Tanja Schaffer aus Weinheim. Sie war unter anderem zwei Jahre lang Bundessprecherin des Jungchemikerforums und ist derzeit noch Vorsitzende des Fördervereins dieser Initiative. "In den Vorstellungsgesprächen bin ich ständig darauf angesprochen worden. Mein jetziger Chef hat sogar ganz klar gesagt, dass er mich deshalb eingestellt hat", berichtet die 30-Jährige.

Denn sie habe als Hochschulabsolventin bereits Erfahrungen und Kompetenzen mitgebracht, die sich andere nach dem Studium erst mühsam erarbeiten müssen. "Ich weiß zum Beispiel, wie ich Menschen zur Mitarbeit motiviere, kann Projekte planen und habe auch schon finanzielle Verantwortung übernommen", zählt sie auf. Dies gehöre bei ihrem Arbeitgeber, einem Betrieb in der pharmazeutischen Zulieferindustrie, zum Tagesgeschäft.


Engagement wird immer positiv bewertet

Ihrer Meinung nach müssen diese Kenntnisse nicht unbedingt durch fachnahe Tätigkeiten erworben werden, um bei der Bewerbung positiv aufzufallen. "Ich denke, auch bei verantwortlicher Beteiligung im Sport- oder Musikverein kann man viel lernen", sagt die 30-Jährige.

So sieht es auch Bewerbungsberaterin Ute Albrecht. Natürlich komme es gut an, wenn ein Krankenpfleger sich nach der regulären Arbeitszeit freiwillig beim Roten Kreuz betätigt oder eine Erzieherin in ihrer Freizeit eine Jugendgruppe betreut. "Aber auch der fachfremde Einsatz wird von den Personalern positiv bewertet", betont die Fachfrau aus Seesen.


Lücke im Lebenslauf füllen

Schwierig werde es hingegen bei politischem Engagement. "Da muss man genau abwägen, ob man sich damit nicht ein Bein stellt", sagt Ute Albrecht. In der Medienbranche beispielsweise haben es Bewerber, bei denen zuhause ein Parteibuch im Schrank steht, eher schwer - gehört es doch zu ihren Aufgaben, überparteilich zu berichten. "Vorsichtig wäre ich auch bei Extremsportarten. Engagement hin oder her. Wenn der Arbeitgeber glaubt, dass sein neuer Mitarbeiter dauernd verletzt ist, wird ihn das nicht gerade motivieren, diesen einzustellen."

Ihrer Erfahrung nach kämen Mannschaftssportarten am besten an, das Engagement für Jugendliche ebenso. "Solche Tätigkeiten sind auch gut, um eine Lücke im Lebenslauf zu füllen", erklärt Albrecht. Vor allem Arbeitslosen böte das eine Chance zu zeigen, dass sie weiterhin aktiv sind und Eigeninitiative zeigen. Das gilt auch für das Engagement bei der freiwilligen Feuerwehr. Welcher Arbeitgeber zählt zu seinen Angestellten nicht gerne Leute, die keine Angst vor Gefahren und neuen Herausforderungen haben? Für derartige Einsatzbereitschaft nehmen es Chefs auch in Kauf, den Feuerwehrmann ab und an freizustellen, wenn er bei Einsätzen gebraucht wird.


Ehrenamt statt Hobbys

Doch wenn das Ehrenamt bei der Jobsuche etwas bringen soll, muss es im Lebenslauf auch richtig verkauft werden. "Es gilt die Faustregel 'Ehrenamt schlägt Hobbys'", erklärt die Bewerbungsexpertin. Letzte sollten Bewerber sowieso nur dann angeben, wenn sich daraus positive Rückschlüsse auf ihre Kompetenzen ziehen lassen.

Albrecht empfiehlt: "Beschreiben Sie an diesem Punkt stichwortartig, was Sie konkret gemacht haben." Bei der Aufzählung von Freiwilligenjobs zähle jedoch das Motto: Weniger ist mehr. Bei zu vielen verschiedenen Ämtern frage sich der zukünftige Chef, wann sein neuer Mitarbeiter eigentlich arbeiten will.


Andere Kriterien nicht vergessen

Vor lauter Ehrenamt dürfen aber nicht die anderen Kriterien wie Praktika, Weiterbildung, EDV- und Sprachkenntnisse vergessen werden. Sie stehen im Lebenslauf immer noch vor dem Ehrenamt.

So hatte es auch Tanja Schaffer gemacht und vor wenigen Monaten ihre erste Arbeitsstelle ergattert. Sie profitiert nun von den zahlreichen Projekten, an denen sie als Studentin beteiligt war. "Ich baue gerade ein Forschungszentrum auf. Dafür wird viel organisatorisches Geschick verlangt, was nicht unbedingt jeder Naturwissenschaftler besitzt", sagt sie.

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